inhaltliche Erläuterungen
 

Klimafunktionen und Planungshinweise Stadtklima 2005 (Umweltatlas)

Klimafunktionskarte

Die Klimafunktionskarte bildet den planungsrelevanten Ist-Zustand der Klimasituation ab. Dabei werden bioklimatische Belastungszustände, Ausgleichsleistungen kaltluftproduzierender Flächen sowie räumliche Beziehungen zwischen Ausgleichs- und Wirkungsräumen dargestellt. Da sowohl die Ausgleichsleistungen als auch die Belastungen klassifizierbar sind, lassen sich planerische Prioritäten ermitteln um zu verdeutlichen, welche Siedlungsflächen von Veränderungen in Ausgleichsräumen betroffen sein können.

Die abzugrenzenden klimatischen Funktionsräume sollen Aussagen darüber liefern, in welchen Gebieten

  • einerseits ein Potential zur Entlastung anderer (angrenzender und auch weiter entfernter) Räume vorhanden ist
  • andererseits über den großräumigen Einfluß hinaus die stärksten Zusatzbelastungen zu erwarten sind,
  • bevorzugt Luftaustauschbereiche anzunehmen sind, d.h. eine wichtige Rolle für den bodennahen Frischlufttransport übernommen wird.

Grün- und Freiflächenbestand
Als kaltluftproduzierende Bereiche gelten vegetationsgeprägte Freiflächen wie Wälder, Park- und Friedhofanlagen, aber auch grünbestimmte Siedlungen mit einem geringem Versiegelungsgrad (in der Regel unter 30%). Zur besseren Handhabung wurden die ca. 13 500 relevanten Einzelflächen des
Informationssystems Stadt und Umwelt (ISU) zu ca. 700 miteinander funktional verbundenen Grünflächeneinheiten aggregiert, wobei die Zusammenfassung vorrangig nach dem Aspekt der räumlichen Nähe erfolgte. Somit bilden mehrere (Teil-) Grünflächen eine zusammengehörige Einheit mit einer Mindestgröße von 0,5 Hektar.

Siedlungsräume
Die Siedlungsräume lassen sich in ausreichend durchlüftete Areale bzw. klimatisch günstige Siedlungsstrukturen einerseits sowie Belastungsbereiche andererseits untergliedern. Der Einwirkbereich der Kaltluftentstehungsgebiete kennzeichnet das maximale Ausströmen der Kaltluft aus den Freiflächen in die Umgebungsbebauung während einer sommerlichen Strahlungswetternacht zwischen 22.00 und 06.00 Uhr. Dabei ist als Abgrenzungskriterium des Einwirkbereiches eine Strömungsgeschwindigkeit von mindestens 0,2 m/s zu erreichen, um sie als klimaökologisch relevant ansprechen zu können. Daraus folgt, dass die im Einwirkbereich befindliche Wohnbebauung eine überwiegend geringe bis keine bioklimatische Belastung aufweist. Vereinzelt fällt das Belastungsniveau jedoch so hoch aus, dass es nicht durch eine auftretende Kaltluftströmung abgesenkt werden kann.

Grundlage für die Ermittlung der bioklimatischen Belastung eines Baublockes ist der Bewertungsindex PMV (Predicted Mean Vote) als dimensionsloses Maß für die nächtliche Wärmebelastung. Analog zur Einordnung der Kaltluftlieferung von Grünflächen wurde auf der Grundlage der Empfehlungen der VDI-Richtlinie 3785 eine sogenannte Z-Transformation des PMV-Ergebnisrasters durchgeführt. Dafür wurde der PMV zum Zeitpunkt 04.00 Uhr herangezogen, welcher sich als am besten geeignet für die Ermittlung der bioklimatischen Belastung im Siedlungsraum herausstellte. Aufgrund der Heterogenität des Modellgebietes stellt dieser Zeitpunkt einen Kompromiss dar zwischen der Situation im innerstädtischen Raum einerseits und den peripheren Stadtteilen andererseits.

Planungshinweise Stadtklima

Die Planungshinweiskarte Stadtklima stellt eine integrierende Bewertung der in der Klimafunktionskarte dargestellten Sachverhalte im Hinblick auf planungsrelevante Belange dar. Aus ihr lassen sich Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen zur Verbesserung von Klima und - über die Effekte der Verdünnung und des Abtransportes - auch der Luft ableiten. Dem Leitgedanken dieser Bemühungen entsprechen die Ziele zur

  • Sicherung,
  • Entwicklung und
  • Wiederherstellung

klima- und immissionsökologisch wichtiger Oberflächenstrukturen. Die zugeordneten Planungshinweise geben Auskunft über die Empfindlichkeit gegenüber Nutzungsänderungen, aus denen sich klimatisch begründete Anforderungen und Maßnahmen im Rahmen der räumlichen Planung ableiten lassen. In Folgendem wird auf die planerische Einordnung der klimaökologisch relevanten Elemente in Berlin eingegangen.

Innerstädtische und siedlungsnahe Grünflächen haben eine wesentliche Wirkung auf das Stadtklima und beeinflussen die direkte Umgebung in mikroklimatischer Sicht positiv. Aus größeren, zusammenhängenden Grünarealen ergibt sich somit das klimatische Regenerationspotential. Der produzierte Kaltluftmassenstrom als qualifizierender Parameter tritt aber an dieser Stelle in den Hintergrund. Für die planerische Einordnung ist vielmehr die Lage im Raum entscheidend und damit die Frage, welche bioklimatische Belastung eine zugeordnete Bebauung aufweist. Denn letztendlich kann auch eine Grünfläche mit geringer Kaltluftproduktion eine signifikante Wohlfahrtswirkung in stark überbauten Bereichen erbringen.

Eine sehr hohe stadtklimatische Bedeutung erlangen daher Grün- und Freiflächen mit Einfluss auf bioklimatisch belastete Siedlungsräume. Dazu zählen vor allem die großen, innenstadtnahen Grünflächen wie der Große Tiergarten, die unbebauten Bereiche des Flughafens Tempelhof oder der Volkspark Friedrichshain. Eine sehr hohe Bedeutung kann darüber hinaus auch den kleineren Park-, Ruderal- und Brachflächen oder gering versiegelten Sportplätzen zukommen, sofern sie Entlastungswirkungen für benachbarte Bebauung erzeugen können. Daraus resultiert für diese Flächen die höchste Empfindlichkeit gegenüber einer Nutzungsintensivierung mit den folgenden Planungsempfehlungen:

  • Vermeidung von Austauschbarrieren gegenüber bebauten Randbereichen,
  • Reduzierung von Emissionen und
  • Vernetzung mit Freiflächen.
Ausführliche Informationen finden Sie in den Begleittexten der im Digitalen Umweltatlas Berlin veröffentlichten Karten des Bereiches 04.11

Internet: http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltatlas/ia411.htm