03.11.2 Verkehrsbedingte Luftbelastung im Straßenraum 2015 und 2020 (Umweltatlas)
In Berlin ist der Kraftfahrzeugverkehr seit Jahren ein erheblicher Verursacher nicht nur der Lärmimmissionen, sondern auch der Luftverschmutzung, insbesondere seit die anderen Verursachergruppen in ihrem Beitrag zur Luftverschmutzung in Berlin wesentlich reduziert wurden.
In der Nähe hoher Schadstoffemissionen, wie z.B. in verkehrsreichen Straßenschluchten, treten auch hohe Immissionskonzentrationen auf. Anders als in den meisten Industriegebieten sind in verkehrsreichen Straßen viele Menschen − ob als Anwohner, Kunden oder Beschäftigte − einer erhöhten Schadstoffbelastung ausgesetzt. Um den Vorgaben der EU-Richtlinie 2008/50 sowie insbesondere der 39. BImSchV - Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen - nach Einhaltung der Grenzwerte am Ort der höchsten Exposition Rechnung zu tragen, ist eine möglichst lückenlose Quantifizierung der Schadstoffbelastung notwendig.
Dazu werden in Berlin seit langem die kontinuierlichen Messungen der Luftgüte mit Modellrechnungen in allen verkehrsreichen Straßen, in denen Grenzwerte potenziell überschritten werden, ergänzt.
Allerdings spielt selbst in einer verkehrsbelasteten Straßenschlucht der Anteil der durch die übrigen Quellen in der Stadt oder durch Ferntransport von Schadstoffen
erzeugten Vorbelastung eine
wichtige Rolle. Deshalb wurde für die Planung von Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität in Berlin ein System von Modellen angewandt, das über die Ebenen
Straßenschlucht
städtische und
regionale Hintergrundbelastung
sowohl den großräumigen Einfluss weit entfernter Quellen als auch den Beitrag aller Emittenten im Stadtgebiet bis hinein in verkehrsreiche Straßenschluchten berechnen kann.
Die Ergebnisse der Messungen der vergangenen Jahre und die für das Jahr 2015 durchgeführten umfangreichen Modellrechnungen lassen u.a. folgende Schlussfolgerungen zu:
Die gemessene NO2-Belastung sowohl in den Berliner Vororten als auch in Wohngebieten und an Hauptverkehrsstraßen ist seit 2002 gleichbleibend hoch und liegt in Straßenschluchten fast durchgängig über dem Grenzwert zum Schutz der menschlichen Gesundheit von 40 µg/m². Im Mittel wurden im Jahr 2014 an Hauptverkehrsstraßen Jahresmittelwerte von 52 µg/m², in innerstädtischen Wohngebieten von 27 µg/m² und am Stadtrand von 14 µg/m² gemessen. Sehr ähnliche Werte wurden bereits 2002 beobachtet. Trotz Verbesserung der Abgastechnik der Fahrzeuge und trotz einer leichten Abnahme des Kfz-Verkehrs in Berlin hat sich die erwartete Abnahme der NO2-Immissionen nicht eingestellt.
Einer der Gründe hierfür ist die starke Zunahme der Dieselfahrzeuge in Berlin. Hatten im Jahr 2002 noch ca. 14 % aller PKW und leichten Nutzfahrzeuge Dieselmotoren, so stieg der Anteil im Jahr 2014 auf ca. 35 %. Dieselfahrzeuge stoßen wesentlich mehr Stickoxide aus als Benzinfahrzeuge. Auch der Anteil von NO2 im Abgas hat sich in den letzten 10 Jahren von unter 10% auf über 40% erhöht. Damit tragen Diesel-Kfz überproportional zur NO2-Belastung an Hauptverkehrsstraßen bei. Zudem hat sich gezeigt, dass Dieselfahrzeuge des neueren Abgasstandards EURO5 zum Teil höhere NOx-Emissionen erzeugen als Dieselfahrzeuge mit dem älteren EURO 3 und 4-Standard.
Im Gegensatz zu den Messungen der Schadstoffbelastung an Hauptverkehrsstraßen, zeigten die 2009 berechneten NO2-Prognosen für 2015 einen Rückgang von durchschnittlich 17 %. Auch die NO2-Belastung der innerstädtischen Wohngebiete sollte laut Prognoserechnungen von 2009 bis 2015 um mehr als 20 % abnehmen. Die Berechnungen von 2009 gingen von effizienten Abgasreinigungssystemen in Dieselfahrzeugen, vor allem der neueren Emissionsstandards (EURO 5 und EURO 6) aus. Der EURO-5-Standard wurde erst zum 1.1.2011 für Pkw mit Dieselmotor verpflichtend, sodass die Emissionsfaktoren dieser Fahrzeuge zum Zeitpunkt der Erstellung der Prognosen noch sehr unsicher waren.
Bewertung anhand eines Indexes
Die aus den Modellrechnungen abgeleitete Karte präsentiert die räumliche Verteilung der verkehrsverursachten Luftbelastung für NO2 und PM10. Für beide Stoffe wurde eine zusammenfassende Bewertung vorgenommen. Der ermittelte Index gewichtet die berechneten Konzentrationen beider Schadstoffe anhand ihrer Grenzwerte in dem für diesen Zweck auf rund 10.000 Straßenabschnitte erweiterten Hauptverkehrsnetz und addiert die Quotienten. Ein Index von 1,00 ergibt sich z.B. dann, wenn beide Komponenten 50% des Grenzwertes erreichen. Alle Abschnitte, die einen Indexwert größer 1,8 (über 90 % Ausschöpfung des Grenzwertes) aufweisen, erfordern zukünftig ein besonderes Augenmerk.
Ausführliche Informationen finden Sie in den Begleittexten der im Digitalen Umweltatlas Berlin veröffentlichten Karten zum Thema 03.11.2 Verkehrsbedingte Luftbelastung durch NO2 und PM10 im Straßenraum 2015 und 2020 (Ausgabe 2016) .