Inhaltliche Erläuterungen
 

01.06.6 Kohlenstoffvorräte 2010

Die organische Substanz (Humus) im Boden besteht etwa zu 50 % aus Kohlenstoff und ist für den Nährstoff- und Wasserhaushalt des Bodens von elementarer Bedeutung. Durch die Anreicherung und Freisetzung von organischer Substanz, und damit von Kohlenstoff, spielen Böden eine zentrale Rolle im globalen Kohlenstoffkreislauf.

Böden sind der größte terrestrische Kohlenstoffspeicher und somit neben den Ozeanen die größten Kohlenstoffspeicher der Erde (IPCC 2000). Große Auswirkungen auf die Kohlenstoffdynamik im Boden hat die Landnutzung. Böden in urbanen Gebieten unterliegen einem besonders hohen Nutzungsdruck und sind sehr stark anthropogen geprägt. Dadurch kommt es auf der einen Seite, durch z.B. gärtnerische Nutzung, zu höheren Kohlenstoffgehalten als in natürlichen Systemen. Auf der anderen Seite wird durch die teilweise komplette Zerstörung der natürlichen Bodenfunktionen der Abbau bzw. die Mineralisierung des Humus und somit die Freisetzung von Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre verstärkt. Dies ist von besonderer Bedeutung, da der Aufbau von Humus und damit der Kohlenstoffspeicher nur über sehr lange Zeiträume hinweg geschieht.

Eine besondere Bedeutung im globalen Kohlenstoffkreislauf haben sogenannte Kohlenstoffsenken. Auch in Städten sind solche Kohlenstoffsenken zu finden. Dabei spielen vor allem hydromorphe Böden wie Moore eine besondere Bedeutung. Moore speichern potentiell bis zu zehnmal so viel Kohlenstoff wie andere Ökosysteme (Batjes 1996). Durch den veränderten Wasserhaushalt in Folge von landwirtschaftlicher Nutzung, emittieren viele Moore heute CO2 und MH4 (Methan). Daher ist Moorschutz für den lokalen, regionalen und globalen Klimaschutz von großer Bedeutung. Die Bedeutung der Moorböden - in Berlin vor allem Niedermoore - wird daran deutlich, dass sie bei einen Flächenanteil von 7 % fast 50 % des gesamten in den Böden Berlins gespeicherten Kohlenstoffs speichern. Aber auch Kleingärten und Standorte mit einer langen Bodenentwicklung wie Friedhöfe, alte Waldbestände und Parkanlagen sind wertvolle Kohlenstoffsenken, da sie langfristig Kohlenstoff speichern.

Durch die Funktion als Kohlenstoffsenke haben Böden eine wichtige Klimaschutzfunktion, die auch bei Planungs- und Genehmigungsverfahren Beachtung finden sollte (Dahlmann et al. 2012). Demnach ist es sinnvoll, kohlenstoffreiche Böden möglichst von negativ beeinflussender Nutzung, wie dem Überbauen von bisher unversiegelten Flächen, frei zu halten und die Rekultivierung von vorhanden Strukturen, gerade von Mooren, zu fördern. Daher wird das Puffervermögen für den Kohlenstoffhaushalt auch bei der Bewertung der Puffer- und Filterfunktion (vgl. Karte 01.12.3, Ausgabe 2013) berücksichtigt.

Die Berechnungen auf der Grundlage dieser Karte ergeben, dass in den Böden Berlins insgesamt 5,28 Millionen Tonnen Kohlenstoff gespeichert sind. Dies entspricht einen Äquivalent von 19,3 Millionen Tonnen CO2.

Die Gesamt-CO2-Emissionen in Berlin betrugen ca. 18 Millionen Tonnen im Jahr 2009 (Statistik BBB 2012). Somit speichert der Boden mehr CO2 als Berlin im gesamten Jahr 2009 durch den Primärenergieverbrauch ausgestoßen hat.

Methode

Die Berechnung der Kohlenstoffmengen für Berlin wurde auf Grundlage der in der Berliner Bodendatenbank (Gerstenberg 2013) enthaltenen Humusmengen [kg/m²] vorgenommen. Die Humusmenge wurde aus dem Humusgehalt der Humusschicht unter Berücksichtigung des Torfanteils [Masse-%] und unter Berücksichtigung der effektiven Lagerungsdichte und der Mächtigkeit der organischen Horizonte ermittelt (vgl. Karte 01.06.5 Humusmenge, Ausgabe 2013). Zur Berechnung der Torfhorizonte wurde eine Lagerungsdichte von 0,9 [g/cm³] angenommen. Um die Kohlenstoffvorräte zu errechnen wurden die ermittelten Humusmengen durch den Faktor 1,72 dividiert (Bodenkundliche Kartieranleitung 2005). Um die Kohlenstoffvorräte für ganz Berlin zu berechnen, wurden die Kohlenstoffmengen mit den Flächengrößen der Blöcke multipliziert.

Die ermittelten Kohlenstoffvorräte der Böden sind als erste Einschätzung zu betrachten und methodisch bedingt z.T. ungenau, da die in der Blockstruktur dargestellten Humusmengen auf einer Bodengesellschaftskarte basieren, die teilweise nur Konzeptcharakter hat. Zudem sind die Humusgehalte und die Mächtigkeiten der mineralischen humushaltigen Horizonte und der Torfauflagen sowie der Lagerungsdichten zum Teil abgeschätzt. Die Karte 01.06.06 "Kohlenstoffvorräte" kann daher nur näherungsweise die Realität abbilden. Im Rahmen des Forschungsvorhabens "Berliner Moorböden im Klimawandel" an der Humboldt - Universität werden zur Zeit detailliertere Daten erfasst, die die Kenntnis der Kohlenstoffvorräte in den Böden Berlins in Zukunft erheblich verbessern werden.

Quellen

Batjes, N. H. 1996: Total carbon and nitrogen in the soils of the world. European Journal of Soil Science 47 (2), S. 151–163.

Bodenkundliche Kartieranleitung 2005: 5. Auflage. Hannover. S. 111.

Dahlmann, I., Ginzky, H. & Martin, J. 2012: Boden und Klimawandel. Bodenschutz, 17. Jahrgang, 2, 44 – 49

Gerstenberg, J.H. 2013: Erstellung von Karten zur Bewertung der Bodenfunktionen, im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Berlin 2013.

Höper & Schäfer 2012: Die Bedeutung der organischen Substanz von Mineralböden für den Klimaschutz. Bodenschutz. 17. Jahrgang. 3. S. 72-80.

IPCC 2000: Landuse, Landuse Change and Forestry. IPCC Special Report – Summary for Policymakers.

Scheffler, M. & Zeitz, J. 2010: Stadtböden als ökologische Refugien - Moore und Feuchtgebiete. In: Makki, M. & Frielinghaus, M. 2010: Boden des Jahres 2010 - Stadtböden - Berlin und seine Böden. Berliner Geographische Arbeiten 117. Hrsg. Geographisches Institut der Humboldt-Universität zu Berlin.

SRU – Sachverständigenrat für Umweltfragen 2012: Umweltgutachten 2012 – Verantwortung in einer begrenzten Welt. Juni 2012. Berlin.

Statistik BBB 2012: Kernindikatoren zur nachhaltigen Entwicklung Berlins – Datenbericht 2012. Hrsg. Amt für Statistik Berlin-Brandenburg. Berlin.

Webseite des Forschungsvorhabens "Berliner Moorböden im Klimawandel" an der Humboldt-Universität